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Rechte Memes im Klassenchat

Die folgenden Fallbeispiele stammen aus langjähriger Beratungspraxis und wurden für diese Zwecke anonymisiert und teilweise fiktionalisiert. Sie dienen der Veranschaulichung typischer Situationen und möglicher Handlungsoptionen.

Bei realen rechtsextremen Vorfällen ist jedoch stets eine fallspezifische, bedarfsgerechte Analyse erforderlich, da sich Zusammenhänge je nach Kontext unterschiedlich darstellen und bewerten lassen.

Eine Schulsozialarbeiterin wird von einem Siebtklässler angesprochen, der ihr von einem „merkwürdigen Trend“ in seiner Klasse berichtet: Im Klassenchat tauchen immer häufiger Bilder und Memes auf, in denen sich über Gräueltaten des Nationalsozialismus lustig gemacht wird. Außerdem habe sich „Heil Hitler“ auf dem Schulhof als vermeintlich humorvolle Begrüßung und „Jude“ zu einer in der Schule fast täglich verwendeten Beleidigung etabliert. Der Schüler hatte bereits versucht, sich davon zu distanzieren, was aber dazu führte, dass er selbst unter anderem mit Aussagen wie „Dann wandere doch nach Polen aus!“ verbal angegriffen wurde. Als sich der Schüler daraufhin dem Klassenlehrer anvertraute, tat dieser die geschilderten Ereignisse als „Jungenstreiche“ ab und riet ihm, das Ganze nicht so ernst zu nehmen.

Was ist das Problem?

In der Klasse kommt es zu antisemitischen, geschichtsrevisionistischen und diskriminierenden Handlungen und Aussagen.

Es gibt anscheinend ein fehlendes Bewusstsein für die Geschichte und die Folgen von Rechtsextremismus und Antisemitismus in Deutschland.

Personen, die sich rechten Sprüchen entgegenstellen, werden selbst zur Zielscheibe von Diskriminierung.

Der Klassenlehrer verharmlost die rechten Handlungen in der Klasse und kommt somit seinem pädagogischen Auftrag nicht nach, allen Schüler:innen einen diskriminierungssensiblen Raum zu bieten.

  • Die Vermittlung von demokratischen Werten ist gesetzlicher Auftrag von Schulen und in den Schulgesetzen verankert.

  • Wenn demokratische Prinzipien angegriffen werden oder antidemokratische, rechtsextreme, antisemitische oder rassistische Haltungen in der Einrichtung um sich greifen, sind Lehrkräfte zum Handeln verpflichtet.

Die Schule hat den demokratischen Bildungsauftrag, diskriminierenden Inhalten zu widersprechen:

  • Siehe §1 Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule, Schulgesetz des Landes Sachsen Anhalt: „In Erfüllung dieses Auftrages ist die Schule insbesondere gehalten, […] den Schülerinnen und Schülern Kenntnisse, Fähigkeiten und Werthaltungen zu vermitteln, welche die Gleichachtung und Gleichberechtigung der Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Abstammung, ihrer Rasse, […] fördern, und über Möglichkeiten des Abbaus von Diskriminierungen und Benachteiligungen aufzuklären […]“

Was kann getan werden?

Der Schüler, der sich an den rechten Umtrieben in seiner Klasse stört, sollte ernst genommen, empowert und bestärkt werden.

  • Welche Unterstützung braucht er?

Gespräch mit Klassenlehrer suchen, um Problembewusstsein zu schaffen

Thema im Kollegium setzen:

  • Sensibilisierung zum Thema

  • Fortbildungen

  • Kollegiale Fallberatung

Elternabend organisieren, um die Eltern zu informieren, über die Hintergründe aufzuklären und über Handlungsmöglichkeiten ins Gespräch zu kommen

Externe Unterstützung in Anspruch nehmen:

Mit der Klasse:

  • Beschäftigung mit Antisemitismus und Rechtsextremismus innerhalb des Klassenverbands

  • Hierbei kann die Beschäftigung mit der NS-Geschichte hilfreich sein, allerdings sollte dabei der Fokus auf Kontinuitäten von Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung gelegt werden. Beispielsweise führen Gedenkstättenbesuche nicht immer zu den von den Lehrkräften intendierten Effekten. (mehr dazu in der Broschüre „Was machen wir denn jetzt?“, S. 22ff)

Demokratiebildung stärken:

  • Gemeinsame Erarbeitung von Klassenregeln, die auch für den Klassenchat gelten

  • Projekttage

  • Mit Blick auf das Klassengefüge ergänzend Angebote zur Stärkung der Gemeinschaft machen – Erlebnispädagogik, Freizeitfahrten etc.

Je nach Bedarf weitere schulische Strukturen einbinden wie bspw.:

Was machen wir denn jetzt?!
Handreichung für das übergreifende Thema Demokratiebildung
Handlungsleitlinien für Schulleitungen und Lehrkräfte
Demokratiekosmos Schule - Landeszentrale für politische Bildung
Warum wir nicht neutral sein dürfen
Neutrale Schule? Grundlagen und Grenzen des Neutralitätsgebots in Schule