Die folgenden Fallbeispiele stammen aus langjähriger Beratungspraxis und wurden für diese Zwecke anonymisiert und teilweise fiktionalisiert. Sie dienen der Veranschaulichung typischer Situationen und möglicher Handlungsoptionen.
Bei realen rechtsextremen Vorfällen ist jedoch stets eine fallspezifische, bedarfsgerechte Analyse erforderlich, da sich Zusammenhänge je nach Kontext unterschiedlich darstellen und bewerten lassen.
In einer Jugendwohngruppe leben vier Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren zusammen. Ihre Wohngruppe soll sie auf ein Leben in Selbständigkeit vorbereiten. Der älteste Jugendliche ist 17 und erst seit kurzem in der Gruppe. Gegenüber den anderen Jugendlichen tritt er sehr dominant auf und geht mit den betreuenden Personen viel in Konflikt. In seiner Freizeit besucht er ein Kampfsportstudio. Zu einem Themenabend trägt er mit einen „Thor Steinar“-Pullover und einen Kettenanhänger in Form eines Sonnenrads. Darauf angesprochen sagt er, beide Kleidungsstücke seien ihm sehr wichtig, da er sie von seinem Vater geerbt habe. Von der Bedeutung wisse er aber nichts. Bei einem Wohnungsbesuch eskaliert ein Streit unter den Jugendlichen. Der 17-Jährige boxt gegen die Küchentür, schreit: „Die soll man alle vergasen!“, und rennt aus der Wohnung.
Was ist das Problem?
Der Jugendliche trägt rechtsextreme Symbole und Kleidermarken, die mit einer menschenverachtenden Einstellung verknüpft (jedoch nicht verboten) sind.
Seine Äußerungen lassen darauf schließen, dass er damit einerseits eine emotionale Bindung mit seinem Vater verknüpft und andererseits eine extrem rechte Gesinnung zum Ausdruck bringen möchte.
Der Jugendliche tritt dominant und aggressiv auf und zeigt in Konfliktsituationen Gewaltpotential.
Die anderen Jugendlichen in der Einrichtung müssen sowohl vor körperlichen Aggressionen als auch vor Diskriminierungen jeglicher Art geschützt werden.
Was kann getan werden?
Gespräch mit dem Jugendlichen führen, um über Grenzen aufzuklären und die Konsequenzen seines Handelns transparent zu machen:
Dabei Ungleichwertigkeitsvorstellungen zurückweisen
Gespräch mit den anderen Jugendlichen der Wohngruppe führen:
Wie gehts Ihnen mit den Vorfall?
Was sind ihre Wünsche, wie damit umgegangen werden soll?
Gespräch mit allen Mitarbeiter:innen der Einrichtung führen, um zu folgenden Punkten eine gemeinsame Strategie zu entwickeln:
Was für eine Motivation steckt hinter dem Verhalten und Auftreten?
Was soll erreicht werden und wie lässt sich dies umsetzen?
Was passiert, wenn sich Jugendliche diskriminierend oder NS- verherrlichend äußern?
Welche Stellen müssen informiert und miteinbezogen werden?
Mögliche Interventions- und Sanktionsmaßnahmen und Abläufe besprechen
Gemeinsame Verhaltens- und Umgangsregeln mit den Jugendlichen aufstellen oder auf bestehende Regeln aufmerksam machen:
Respektvoller, diskriminierungs- und gewaltfreier Umgang
Konsequenzen klären: Was passiert, wenn sich Jugendliche nicht an die Umgangsregeln halten?
In den Hausregeln kann der Ausschluss von rechtsextremen Marken und Symbolen festgelegt werden.
Präventive Angebote mit thematischen Bezügen zu einer weltoffenen, demokratischen und solidarischen Gesellschaft können in die Arbeit mit den Jugendlichen integriert werden.
Selbstwirksamkeitserfahrungen ermöglichen und Partizipation stärken:
Beteiligungsmöglichkeiten für Jugendliche schaffen
Jugendlichen Verantwortung übertragen
Angebote nach Bedürfnissen und Interessen der Jugendlichen gestalten