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Antidemokratisches T-Shirt im Jugendclub

Die folgenden Fallbeispiele stammen aus langjähriger Beratungspraxis und wurden für diese Zwecke anonymisiert und teilweise fiktionalisiert. Sie dienen der Veranschaulichung typischer Situationen und möglicher Handlungsoptionen.

Bei realen rechtsextremen Vorfällen ist jedoch stets eine fallspezifische, bedarfsgerechte Analyse erforderlich, da sich Zusammenhänge je nach Kontext unterschiedlich darstellen und bewerten lassen.

Ein Junge trägt in einem Jugendclub ein T-Shirt mit dem Schriftzug „Die Demokraten bringen uns den Volkstod“. Auf die Frage anderer Jugendlicher, was es damit auf sich habe, antwortet er, dass das seine Privatsache wäre und sie den Hintergrund sowieso nicht verstehen würden. Die anwesende Sozialarbeiterin reagiert nicht auf die Situation. Als sie im Nachhinein darauf angesprochen wird, erklärt sie, keinen Handlungsbedarf gesehen zu haben, da der Junge bislang in keiner Weise politisch aufgefallen sei, und sein Verhalten daher eher als reine Provokation gewertet werden müsse. Schließlich – so die pädagogische Fachkraft – könne man sich nicht um alles kümmern.

Was ist das Problem?

- Die Aufschrift auf dem T-Shirt des Jugendlichen bezieht sich auf den Kerngedanken der völkischen Ideologie, nach dem eine imaginierte, ethnisch homogene „Volksgemeinschaft“ vor der Auslöschung steht. Gleichzeitig werden Demokraten als die Verantwortlichen dafür benannt und so als Feindbild markiert. Es handelt sich um ein in extrem rechten Milieus weit verbreitetes Untergangsnarrativ mit menschenverachtenden, rassistischen und antidemokratischen Inhalten.

- Der Jugendliche lässt sich nicht auf eine inhaltliche Auseinandersetzung zu dem T-Shirt ein.

- Die Nichteinmischung der anwesende Sozialarbeiterin kann als Zustimmung verstanden werden. Die Jugendlichen, die auf das T-Shirt reagiert haben, fühlen sich dadurch möglicherweise im Stich gelassen.

- Die Sozialarbeiterin verharmlost den Vorfall als reine Provokation und sieht weder Handlungsbedarf noch ihre Verantwortung einzugreifen.

Was kann getan werden?

Den Vorfall im Kollegium besprechen. Hierbei können folgende Fragen hilfreich sein:

  • Wie steht das Kollegium zu dem Vorfall? Inwiefern sind extrem rechte Sprüche und Haltungen mit dem Leitbild und der Hausordnung der Einrichtung vereinbar?

  • Was für eine Motivation steckt hinter dem Verhalten und dem Auftreten des Jugendlichen? Meist erfüllt die Hinwendung zu rechten Positionen eine gewisse Funktion für die Jugendlichen (Integration und Anerkennung von der Peergroup, Aufwertung der eigenen Position durch Abwertung anderer, etc.). Diese Einschätzung hilft, dem Jugendlichen Wege abseits von extrem rechten Positionen aufzuzeigen.

  • Mögliche Interventions- und Sanktionsmaßnahmen und Abläufe besprechen: Was soll erreicht werden?

- Die Sozialarbeiterin, die keinen Handlungsbedarf gesehen hat, in einem Einzelgespräch für die Thematik sensibilisieren.

- Gespräche mit den anderen Jugendlichen führen. Sie darin bestärken, auf rechte Haltungen zu reagieren, und herausfinden, ob es hierbei weiteren Unterstützungsbedarf gibt. Welche Themen beschäftigen die Jugendlichen im Umgang mit Rechtsextremismus und darüber hinaus?

- Einzelgespräch mit dem Jugendlichen suchen, der das rechte T-Shirt getragen hat. Hierbei kann zunächst erfragt werden, was der Jugendliche mit dem T-Shirt erreichen möchte:

  • Welche Funktion erfüllen der Spruch und eventuell das Kokettieren mit der rechten Szene für ihn?

  • Darüber hinaus ist es wichtig, Ungleichwertigkeitsvorstellungen zurückweisen, auf vereinbarte Grenzen in der Einrichtung hinzuweisen und die Konsequenzen ihrer Übertretung transparent zu machen.

- Bei Bedarf können auch Beratungsstellen und andere Instanzen wie eine externe Supervision einbezogen werden.

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